Freitag, 20. September 2024
“Bewusstes Üben“ – Nur ein neuer Trend in der Psychotherapieforschung? Vortrag mit Associate Prof. Dr. Annette Hillers Chen „Deliberate practice“ oder auf Deutsch „Bewusstes Üben“ wird gerade von einer Strömung innerhalb der Psychotherapieforschung dafür gefeiert, den entscheidenden Unterschied auszumachen, wenn es um die Frage geht, warum einige Therapeut:innen erfolgreicher sind als andere. Tut es das? Und was ist das überhaupt? Könnte es auch für die Gestalttherapie bereichernd sein? Oder ist es nicht eigentlich schon Gestalttherapie?
Entwicklungsgeschichtlich frühe Traumatisierung aus der Sicht der Pesso-Therapie (PBSP) Vortrag mit Leonhard Schrenker Traumatisierung in Kindheit und Jugendalter durchbricht in lebensbedrohlicher Weise die schützenden Grenzen unseres ganzes Seins, zerstört grundlegende menschliche Werte und führt auf leib-seelischer Ebene zu massiven Prägungen, die unser weiteres Leben entscheidend beeinträchtigen. Die Pesso-Therapie (PBSP), über lange Jahre entwickelt von Albert Pesso und Diane Boyden Pesso, beinhaltet ein humanistisch fundiertes entwicklungspsychologisches Modell und leitet daraus ein spezifisches ganzheitliches therapeutisches Vorgehen ab unter Einbeziehung von Körper, Geist und Seele. Im ersten Teil des Vortrags erfolgt eine Einführung in Grundlagen des Entwicklungsmodells und der Störungsätiologie und im zweiten Teil in die therapeutische Arbeit mit dem Schwerpunk Trauma. Die methodische Darstellung erfolgt über PowerPoint-Folien und ggfls. über Demonstrationen mit Rollenspielern.
Trauma als leibliche Grenzsituation Vortrag mit Prof. Dr. Dr. Thomas Fuchs Als Grenzsituationen bezeichnet Karl Jaspers Erfahrungen, die unser bisher gültiges Welt- und Selbstbild grundlegend in Frage stellen und uns so vor einen Abgrund der Existenz bringen. Das Trauma stellt in diesem Sinn ein Ereignis dar, das sich nicht aneignen und in einen Sinnzusammenhang des bisherigen Lebens integrieren lässt. Das Eindringen des Fremden in den eigenen Körper, die Erfahrung der Ohnmacht und Ausgeliefertheit können das Urvertrauen in die Welt irreversibel erschüttern. So bleiben die Betroffenen gezeichnet von der leiblichen Grenzerfahrung, der sie ausgesetzt waren. Wie diese Grenzsituation gleichwohl auf lange Sicht wieder in das Leben integriert werden kann, stellt die zentrale Frage für die Traumatherapie dar.
MEHR PROGRAMMDETAILS ORGANISATORISCHES INFOANFORDERUNG ZUR ANMELDUNGSamstag, 21. September 2024
Transgenerationale Traumaweitergabe und ihre Folgen Vortrag mit Prof. Dr. Angela Moré Traumata haben zerstörende Wirkungen auf das Vertrauen in andere und in sich selbst. Menschen mit posttraumatischen Belastungsstörungen reagieren auf die Verletzungen ihrer Seele mit zahlreichen Schutz- und Abwehrmechanismen, die ihnen die Bewahrung eines inneren Gleichgewichts ermöglichen sollen, das immer wieder durch Erinnerungseinbrüche (Trigger) und emotionales Überschwemmtwerden (flashbacks) gefährdet wird. Können diese existentiell bedrohlichen Erfahrungen nicht nachträglich verarbeitet und psychisch integriert werden, wirken sie sich auf die Beziehungen zu den eigenen Kindern aus – oft von deren erstem Lebenstag an. Was bewirken diese traumatischen Erinnerungen in der Beziehung zu den eigenen Kindern und wie reagieren diese darauf? In Therapien begegnen wir oft Patient:innen, deren Leben von transgenerational übernommenen Traumata geprägt sind, wobei ihnen das häufig nicht bewusst ist. Erfahrungen belegen, dass die Aufdeckung der unbewussten Verstrickungen in das elterliche Schicksal heilsam wirkt.
Mitfühlendes Verstehen, mitfühlendes Da-Sein in der Begegnung mit traumatisierten Menschen Vortrag mit Prof. Dr. Luise Reddemann Traumatisierende Erfahrungen können tief verletzend wirken. Auch wenn es Menschen gibt, deren Resilienz so stark ist, dass sie, insbesondere bei freundlicher und einfühlsamer Begleitung, keine Psychotherapie benötigen. Viele aber benötigen psychotherapeutische Begleitung und Therapie. Mitgefühl bedeutet Einfühlung plus der Wunsch und die Bereitschaft, Hilfreiches zu bewirken, es zumindest anzustreben. Im Vortrag soll reflektiert werden, was Mitgefühl bedeutet und was es bewirken kann. Sowie: Wie therapeutisch Begleitende Mitgefühl bewusst entwickeln können, da wir in einer Kultur leben, die wenig Bereitschaft zu Mitgefühl vermittelt.
Workshops Am Nachmittag finden verschiedene Workshops zu spannenden Themen statt.
ZU DEN WORKSHOPS
Kunst-Projekt „Schutzschilder" mit Susanne Dörfler Das Schutzschild als materielle und sichtbare Form der Abgrenzung. Alle Verletzungen stellen die Frage nach einem passenden Schutz, nicht zuletzt als Raum für die Heilung unserer Wunden. Symbolhaft werden bei dem Projekt verschiedenste Schutzschilder vorgestellt, die ausprobiert und getragen werden dürfen: Was fühlt sich gut und stimmig an – was ist adäquat – was dysfunktional – was ist wirklich sicher? Welche Qualitäten, Ressourcen und Strategien werden spürbar? Eine Einladung zum Experimentieren! Anderen begegnen – eigene Schutzmechanismen reflektieren – sich erleben.
Dj und Tanz
Am Samstagabend bleibt genügend Zeit bei Fingerfood für anregende Gespräche. Der Abend endet mit Tanz.
MEHR PROGRAMMDETAILS ORGANISATORISCHES INFOANFORDERUNG ZUR ANMELDUNGSonntag, 22. September 2024
Kultureller Genozid – zum Trauma des Kulturverlusts von indigenen Menschen in Kanada Vortrag mit Prof. Dr. Barbara Schellhammer Der Vortrag möchte anhand der verheerenden Folgen des kulturellen Genozids an indigenen Menschen in Kanada eine Dimension von Traumatisierung aufzeigen, die auch im Kontext von Flucht und Migration hierzulande oft unterschätzt wird: der Verlust von Halt, Sinn und Orientierung, wenn das Bedeutungsgewebe der Kultur Risse und Löcher bekommt. Zudem verweist der Vortrag auf die Bedeutung kultursensitiver Formen der Heilung – im Kontext von Kanada auf indigene Vorstellungen und Praktiken, die als wichtige Coping-Strategien ebenfalls unter die Räder der kolonialistischen Assimilationspolitik geraten sind.
Die Wiederaneignung des Leibes: zur Bildlichkeit des Traumas in der Gestalttherapie Vortrag mit Dr. Monika Jäckle Dieser Vortrag taucht in die bildhafte Phänomenologie der Vulnerabilität ein. Über sinnlich-ästhetische Eindrücke wird die Polarität des Traumatischen
aufgespannt, um dann den Prozess der Resonanzkatastrophe gestaltspezifisch zu fundieren. Wenn Figur und Grund kollabieren, entfaltet die Schlagkraft des Traumas ihre volle Wirkung am Leib: ein sinnlich-somatischer Einbruch zersplittert die Ich-Grenzen, das Erleben von Überschwemmung und Ohnmacht lagert sich kryptisch ein und wird retroflexiv konserviert, der Leib führt ein Eigenleben, die Verbindung ist gekappt und der Sinn bleibt entzogen. Die organismische Selbstregulation ist verletzt. Die Herausforderung des Traumas, sich selbst bewohnen zu lernen, dient letztlich als Figur für eine gestalttherapeutische Handlungsorientierung.
Abschluss und Abschied, Ende 12.45 Uhr
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